Schmerztherapie über Stimulation des Opioid-Systems

Hintergrund

Im Zuge der „Elektrosmog-Diskussion“ und umfangreichen studienbasierten Untersuchungen zu negativen Wirkungen elektromagnetischer Felder natürlichen oder künstlichen Ursprungs, ergeben sich eine Fülle widersprüchlicher Ergebnisse, die sowohl eine Erniedrigung der Schmerzschwelle und Erhöhung der Schmerzempfindlichkeit, als auch ein Schmerzabnahme beschreiben.

 

So reagieren z.B. Mäuse während eines magnetischen Sturms mit einer Hyperalgesie, d.h. werden dadurch schmerzempfindlicher [1]. Dies z.B. auch unter Feldern von 0,5 Hz, 150 bis 9.000 µT, 30 min täglich über 14 Tage – allerdings nur Nachts [2]. Andererseits wird das Schmerzempfinden bei Schlangen blockiert, wenn sie tagsüber für 30 min über 6 Tage einem Feld von 60 Hz und 100 µT ausgesetzt wurden [3]. Das lässt sich auch bei Albino-Ratten wiederholen, wo z.B. mit extrem schwachen Feldern von 1 µT [4] oder  2 µT [5] über 30 min eine Analgesie erfolgt.

 

Bei Menschen reduzieren z.B. kontinuierliche irreguläre Frequenzen (0,03 bis 0,07 Hz) und einer Flussdichte von 20 bis 70 µT nach 2 Stunden die Schmerzschwelle für Hautreize (19,1%) und vermindern Zahnschmerzen um 9,1  [6]. Auch 37 Hz, 80 µT (30 min), führen zu einem Absinken der Schmerzschwelle in der Haut um 22,6% [7]. Ebenso reduziert ein Feld mit 40 Hz sowie 40 und 80 µT nach 2 Stunden nur bei 40 µT die Schmerzschwelle für Zahnschmerzen [8].

 

Versuche mit dem Opiat-Antagonisten Naloxon zeigen, dass bei Mäusen ein Magnetfeld von 0,5 Hz, 150 bis 9 000 µT nach 30 Min. dieselbe analgesieaufhebende Wirkung hat wie Naloxon [9]. Dem steht wieder ein Humanversuch gegenüber, dass unter 30-minütiger Magnetfeld-Exposition die Schmerzschwelle gegenüber Placebo signifikant ansteigt [10]. Dies bestätigt sich auch bei Mäusen, bei denen ein niederfrequentes und niederintensives Magnetfeld einen ähnlichen analgetischen Effekt besitzt, wie eine moderate Morphindosis (5m/kg) [11].

 

Ein Review, das sich fast ausschliesslich mit den schmerzverstärkenden PEMF-Studien auseinandersetzt, kommt zur Schlussfolgerung, dass sich aus den überwiegend positiven Erkenntnissen neue Perspektiven für die Schmerzbehandlung beim Menschen ergeben [12].

 

Studienlage

Aus der genannten Studie lässt sich auch die wichtige Erkenntnis ableiten, dass Säugetiere, über einen aktuell nachgewiesenen chemischen Magnetfeld-Rezeptor (Kryptochrom) verfügen [13]. Diese Vermutung wurde schon früher im Zusammenhang mit dem bei Schlangen aufgetretenen Analgesiephänom geäussert, welche kurzzeitig PEMF ausgesetzt waren [14]. Kryptochrom ist eigentlich ein lichtempfindliches Protein, das bei Pflanzen und vielen Pilzen, Fliegen und Säugern vor allem Vorgänge der circadianen Rhythmik beeinflusst. Bei Säugetieren kommt Kryptochrom als photosensibles Pigment in der Netzhaut vor. In anderen Geweben kann es aber seine Funktion auch licht-unabhängig ausüben [15]. Indem es sich an zelluläre Proteine bindet, wird es in den Zellkern transportiert und steuert die Verfügbarkeit von Transkriptionsfaktoren. Dies könnte auch erklären, warum PEMF-Effekte offensichtlich auch lichtabhängig sind.

 

Es scheint auch so zu sein, dass die Fähigkeit von Magnetfeldern, das zentrale cholinerge System zu kontrollieren, ebenfalls mit der Aktivierung des opioiden Systems zusammenhängt. Immerhin ist es möglich, mit dem Opioid-Rezeptor-Antagonisten Naloxon die Abnahme einer magnetfeldbedingten Cholinaufnahme im Gehirn von Ratten zu drosseln [16] . Insgesamt hat das eine weitreichende Bedeutung, da Opioid-Peptide auch als Wachstumsmodulatoren agieren und sowohl die Zelldifferenzierung als auch die Zellarchitektur von vielen Geweben kontrollieren [17],[18],[19].

 

In einer Zellkulturstudie (Herzmuskelzellen) führte eine Magnetfeld-Exposition zu einer deutlichen Steigerung der Expression von Opioid-Genen. Auch zeigte eine direkte „Bestrahlung“ isolierter Zellkerne von Herzmuskelzellen, dass sich die Prodynorphin-Gen-Transkription stark erhöhte [20]. Dies erfolgte über eine Aktivierung der nukleären Proteinkinase. Damit kam es auch zu einem starken Anstieg der Synthese und Sekretion von Dynorphin B. Dynorphine sind eine Gruppe von endogenen Opioidpeptiden, also selbst im Körper hergestellte Opioide. Sie spielen bei der Schmerzperzeption bzw. Schmerzunterdrückung eine wichtige Rolle. Zu den endogenen Opioiden zählen Endorphine, Enkephaline und Dynorphine.

 

Magnetfeld-Experimente mit MFC-7-Zellen (Brustkrebszellen) zeigen, dass der Einsatz von schwachen PEMF denselben analgetischen Effekt hervorrufen kann wie Morphin. Hierbei kommt es vor allem zu einer Aktivität des Mu-Opioid-Rezeptors. Nachdem der Einsatz von Morphinderivaten selbst die Metastasierung fördert [21], schlussfolgern die Autoren, dass zur Schmerzbehandlung eher auf Magnetfelder bestimmter Intensitäten und Frequenzmuster zurückgegriffen werden sollte.

 

Fazit

Neben dem Wirkmodell einer Durchblutungssteigerung, welche Muskelkontraktionen auflösen kann und somit bei Schmerzen des Bewegungsapparats bzw. myofazialen Syndromen eine wichtige therapeutische Rolle spielen, ist die QRS PEMF im Rahmen spezieller Intensitäten und Frequenzen, auch über eine Aktivierung des körpereigenen Opioidsystems (Endorphine) in der Schmerzbehandlung zentral wirksam.

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Quellen

[1] Ossenkopp KP et al. Reduced nocturnal morphine analgesia in mice following a geomagnetic disturbance. Neurosci Letters 1983; 40: 321-325
[2] Kavaliers M et al. Magnetic fields abolish the enhanced nocturnal analgesic response to morphine in mice. Physiol Behav 1984; 32: 261-264
[3] Kavaliers M. Ossenkopp KP. Repeated naloxone treatments and exposure to weak 60 Hz magnetic field have analgetic effects in snails. Brain Res 1993; 620: 159-162
[4] Ryczko MC, Persinger MA Increased analgesia to thermal stimuli in rats alter brief exposures to complex pulsed 1 µT magnetic fields. Perceptual and Motor Skills 2002; 95: 592-598
[5] Martin LJ. Persinger MA. Spatial heterogeneity of the magnetic field during exposures to complex frequency-modulated patterns facilitates analgesia. Percept Motor Skills. 2003; 96: 1005-1012
[6] Papi F et al. Exposure to oscillating magnetic fields influencees sensitivity to electrical stimuli, 2: experiments on humans. Bioelectromagnetics 1995; 16: 295-300
[7] Ghione S et al. Human head exposure to a 37 Hz electromagnetic field: effects on blood pressure, somatosensory perception, and related parameters. Bioelectromagnetics 2004; 25: 167-175
[8] Ghione S et al. Effects of 50 Hz electromagnetic fields on electroencephalographic alpha activity, dental pain threshold and cardiovascular parameters in humans. Neurosci Letters 2005; 382: 112-117
[9] Kavaliers M, Ossenkopp KP. Stress-induced opiod analgesia and activity in mice: inhibitory influences of exposure to magnetic fields. PsyPharmocol 1986; 89: 440-443
[10] Shupak NM et al. Human exposure to a specific pulsed magnetic field: effects on thermal sensory an pain thresholds. Neurosci Lett. 2004 Jun 10; 363(2): 157-62
[11] Shupak NM et al. Analgesic and behavioral effects of a 100 microT specific pulsed extremely low frequency magnetic field on control and morphine treated CF-1 mice. Neurosci Lett 2004 Jan 2; 354(1): 30-3
[12] Del Seppia et al. Pain preception and electromagnetic fields. Neurosci Biobehav Rev 2007; 31: 619-642
[13] Maeda K et al. Magnetically sensitive light-induced reactions in cryptochrome are consistent with its proposed role as a magnetoreceptor. Proc Natl Acad Sci USA 2012; 109(13): 4774-9
[14] Prato FS, Kavaliers M, Thomas AW. Light-dependent an -independent behavioural effects of extremely low frequency magnetic fields in a land snail are consistent with a parametric resonance mechanism. Bioelectomagnetics 1997; 18(3): 284-91
[15] Kompaktlexikon der Biologie. A bis Fotoma. Bd. 1. Verlag: Spektrum. ISBN: 382741041
[16] Thomas AW et al. Peptides 1997; 18: 703-709
[17] Rojavin MA, Ziskin MC. Electromagnetic millimeter-waves increase the duration of anaesthesia caused by ketamine and chloral hydrate in mice. In J Radiat Biol 1997; 72: 475-480
[18] Lai H et al. Effects of a 60-Hz magnetic field on central cholinergic systems of the rat. Bioelectromagnetics 1993; 14: 5-15
[19] Zagon IS et al. Distribution of enkephalin immunoreactivity in germinative cells of developing rat cerebellum. Science 1985; 227: 1049-1051
[20] McLaughlin PJ. Regulation of DANN sythesis of myocardial and epicardial cells in developing rat heart by Enkephalin. Am J Physiol 1996; 271: R122-R129
[21] Zagon IS et al. Opioid growth factor modulates corneal epithelial outgrowth in tissue culture. Am J Physiol. 1995; 268: R942-R950
[22] Ventura C et al. Elf-pulsed magnetic fields modulate opioid peptide gene expression in myocardial cells. Cardiovasc Res 2000; 45: 1054-1064
[23] Simon RH Arbo TE. Morphine increases metastatic tumor growth. Brain Res Bull 1986; 16: 363-367

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