Sehnenentzündung / Tendinose / Tendinitis

Hintergrund

Schmerzen des Bewegungsapparats, die nicht im Rücken oder in den Gelenken zu lokalisieren sind, beziehen sich meist auf Sehnen und Muskelansatzpunkte und sind unter den populären Namen Tennisellbogen, Golferarm, Schulter-Arm-Syndrom oder der gefürchteten Fibromyalgie bekannt. Streng medizinisch sollte zwischen einer Tendopathie und einer Tendinitis unterschieden werden, da die Erfolgswahrscheinlichkeit einer PEMF-Behandlung mit Sicherheit damit zusammenhängt. Allerdings beginnt hier die Problematik, da es inzwischen widerstreitende Meinungen gibt, ob eine Tendinitis nicht eine fehlinterpretierte Tendinose ist.

 

Tendopathie (akut oder chronisch)

Unter einer Tendopathie versteht man eine ausgesprochen belastungsempfindliche Sehne, die im Falle einer akuten Tendopathie z.B. durch einen Schlag oder Tritt („Achillessehne“) oder eine plötzliche Belastungssteigerung zustande kommt und für junge Patienten (15 bis 25 Jahre) typisch ist. Die Sehnenzellen reagieren dabei mit einer vermehrten Bildung von Proteinen (Proteoglykanen), die normalerweise nur im Knorpel zu finden sind. Die Proteine speichern deutlich mehr Wasser, so dass es zu einem Anschwellen der gesamten Sehnen kommt – was der schnellen Anpassung der Sehnenbelastbarkeit dient [1].

 

Einer chronischen Tendopathie (Patienten > 30 Jahre), die spontan auftreten kann, liegt eine minimale, aber dauerhafte Sehnenüberlastung zugrunde. Akute Belastungssteigerung können dabei stärkste Schmerzen hervorrufen (VAS 7 – 8/10). Sie äussert sich in einer spindel- oder knotenförmigen Verdickung der Sehne, wobei zu beachten ist, dass andere Sehnenabschnitte in ihrer Struktur völlig normal sind. Was wichtig ist: Es sind in einer betroffenen Sehne weder Entzündungszellen noch Entzündungsbotenstoffe zu finden.

Tendinose / Tendinitis

Ausser dem bereits genannten Tennisellbogen (Epiconylitis humeri lateralis ), Golferarm (Epicondylitis humeri ulnaris), Schulter-Arm-Syndrom (Synonym: Impingement-Syndrom / Supraspinatus-Syndrom / Rotatoren-Manschetten-Syndrom) gibt es auch noch das Patellaspitzen-Syndrom (also eine Reizung der Patellasehne im Bereich der unteren Kniescheibenspitze) sowie z.B. eine Achillessehnen-„Entzündung“. Auch das Repetitive-Strain-Syndrom (RSI) bezieht sich auf eine Epicondylitis (ständige schnelle Bewegungen der Finger / rasche Drehbewegungen des Unterarms ohne grosse Kraftentfaltung). Das RSI betrifft vor allem Musiker und Menschen, die viel am PC oder einer Kasse arbeiten.

 

Nicht von ungefähr heisst der Ellbogen auch Musikantenknochen – oder im englischen Sprachgebrauch „funny bone“ – allerdings hier wegen der exponierten Nervenlaufs, was bei lokalem Druck zu einem Art „Stromschlag“ führt. Bei Tendinosen am Unterarm und oder in der Nähe des Handgelenks besteht das Risiko eines Karpal-Tunnel-Syndroms. Denn die Verdickung der Sehnen und die Schwellung des umliegenden Gewebes kann zu einer Kompression des Nervus medianus führen.

Wissenschaftlicher Streit

Neuere Erkenntnisse scheinen dem aber zu widersprechen [2],[3]. So wurden z.B. bei einer Epicondylitis, also z.B. einem Tennisellbogen, die oft spontan und ohne ersichtliche Entstehungsursache oder auch infolge länger einseitiger Belastung entsteht, bei histopathologischen Untersuchungen keinerlei Entzündungszeichen gefunden – was das Vorliegen einer Tendinose schlussfolgern lässt [4]. Unter dem Mikroskop sind unreife Kollagenfasern vom Typ III zu finden (gesunde Sehnen enthalten Typ I) sowie eine konfuse Zunahme neuer Blutgefässe (Vaskularisierung) – die aber offensichtlich keine Blutgefässfunktion erfüllen und auch kein Hinweis auf einer verstärkte Heilung sind [5].

 

Da manche Tendinosen (Tendinitis) aber bisweilen auf Entzündungshemmer wie z.B. Ibuprofen oder Cortison reagieren, ist auch eine entzündliche Genese nie auszuschliessen. Wie schwer es ist, die eigentliche Ursache einer chronischen Tendopathie auszumachen, zeigt sich daran, dass z.B. auch psychische Auslöser wie Arbeitsplatzwechsel, Doppelbelastung, etc. eine Rolle spielen.

Studienlage

In einem systematischen Review [6], das zwei Reviews und 20 RCT-Studien hinsichtlich des Einsatzes von Ultraschall, extrakorporaler Stosswellentherapie (ESWT), TENS, Laser und PEMF analysierte und bewertete, kam zum Ergebnis, dass lediglich Ultraschall und Laser bei der medialen und lateralen Epicondylitis wirksam waren. Allerdings weisen die Autoren darauf hin, dass es notwendig ist, hinsichtlich der eingesetzten Intensitäten und eines längeren follow-up weitere Untersuchungen durchzuführen.

 

Zellkulturstudie

In einer Invitro-Studie wurden humane Sehnen-Zellen (HTCs) aus dem Bereich M. semitendinosus und gracilis verschiedenen PEMF-Parametern (1,5 oder 3 mT für 8 oder 12 Stunden, Einzel- oder wiederholte Behandlungen) ausgesetzt. Ergebnis: Keine der Behandlungen führten zu einer Apoptose. Das Zellwachstum (Proliferation) verbesserte sich unter allen Anwendungen. Nur das 3 mT-PEMF erhöhte die Lebensfähigkeit der Zellen. Allerdings führte nur die Einzelbehandlung mit 1,5 mT zu höchsten Up-Regulation von SCX, VEGF-A und COL1A1-Expression und senkte signifikant die COL3A1-Synthese im Vergleich zu unbehandelten Zellen. Sämtliche behandelten Zellen führten zu signifikant mehr IL-1ss, IL-6, IL-10 und TGF-ss. Nur 1,5 mT-PEMF erhöhte auch die IL-10 Produktion. Demnach zeigte die 1,5 mT-Anwendung das beste Ergebnis [7].

 

Epicondylitis

In einer Studie wurden 60 Patienten, die an einer lateralen Epicondylitis (Tennisellbogen) litten, randomisiert in drei Gruppen geteilt: Gruppe I erhielt 15 x je 30-minütige PEMF-Anwendungen innerhalb 3 Wochen. Gruppe II wurde mit einem Placebo-Gerät behandelt. Gruppe III erhielt einmalig Cortison (40 mg), sowie ein Lokalanaesthetikum (20 mg) im Bereich der stärksten Schmerzen injiziert. Ergebnisse: Nach drei Wochen war der Schmerzscore (VAS) in Gruppe III bei der Dorsalflexion der Hand gegen Widerstand signifikant niedriger als in Gruppe I. Gruppe I hatte nach 3 Monaten weiterer Anwendung weniger Schmerzen in Ruhe, in normaler Aktivität und des nachts als Gruppe III. Placebo hatte keine Wirksamkeit. Damit wirkt eine PEMF-Anwendung besser als eine Placebo-Behandlung. Cortison und Lokalanaesthetika scheinen vorteilhaft für einen schnellen kurzfristigen Erfolg. PEMF ist Patienten zu empfehlen, die an einer nachhaltigen Besserung ihrer Beschwerden interessiert sind – oder die einer invasiven Therapie (Injektion) kritisch gegenüber stehen [8].

 

In einer Studie zur lateralen Epicondylitis (LE) erhielten 22 Patienten innerhalb 6 Wochen eine PEMF-Behandlung (6 mT, 25 Hz/ 4,6 Hz, 5 Sitzungen wöchentlich à 30 Minuten). Die LE-Symptomatik dauerte durchschnittlich bereits seit 16 Monaten. Die Ergebnisse: Nach 6 Wochen PEMF sank der VAS-Score von 7,82 auf 3,11. Die Druckschmerz-Schwelle (PPT) nahm von 2,95 kg/cm2 auf 4,84 kg/cm2 zu und die schmerzfreie Griffstärke (PFGS) verbesserte sich von 18,6 kg auf 22,1 kg [9].

 

Achilles-Tendopathie

Tierstudie mit 180 männlichen Ratten (prospektiv randomisiert) mit einer experimentell verursachten Achillessehnen-Reizung (Entzündung). Es wurde entweder mit PEMF I (5,1 mT, 15 Hz oder 46 Hz, 15 Minuten täglich, 5 x wöchtl. über 4 Wochen) – oder mit PEMF II (4,95 mT, 17 oder 50 Hz). Jeweils 6 Ratten wurden zu folgenden Zeiten unter Narkose die Achillessehnen entnommen und danach getötet: 2 Stunden nach der OP, nach 1 Tag, nach 3 Tagen, nach 7 Tagen, nach 14 Tagen oder nach 28 Tagen. Ergebnisse: Die verschiedenen Behandlungen hatten einen signifikanten Einfluss auf den Wassergehalt der Sehnen. Dieser war am 3. Tag unter 46 Hz signifikant höher als in den anderen Gruppen, Insgesamt reagierte aber der der Kollagen-Umbau zum Ende der Anwendungen unter 17 Hz am überzeugendsten. Auch führten 17 Hz zu einer stärkeren Entzündungsabnahme und besseren Restitution der Sehne.

 

Machbarkeitsstudie mit 53 Patienten, die an einer chronischen Achilles-Tendopathie des mittleren Sehnenbereichs litten. Die aktive PEMF-Gruppe mit 28 Teilnehmern (25 Placebo) erhielt innerhalb 4 Wochen (häuslich ambulant) insgesamt 8 Behandlungen, wobei sie auch eine Einlegesohle (Fersenkissen) trugen, weil sie sich bewegen sollten und auch keiner Lokalanästhesie unterlagen. Die Placebogruppe trug nur das Fersenkissen. Ergebnis: Nach 12 Wochen hatte sich der VAS-Score in beiden Gruppen erniedrigt, obwohl der Score in der aktiven Gruppe signifikant besser war [10].

 

Patella-Reizung

Das Patella-femorale Schmerzsyndrom (PFPS) ist eine häufige Ursache wiederkehrender Knieschmerzen bei sporttreibenden jungen Erwachsenen. Meist ist sie retropatellar (also hinter der Patella) zu verorten. In einer randomisierten, kontrollierten Studie sollte untersucht werden, ob ein häusliches Übungsprogramm (HEP) zusammen mit PEMF effektiver ist als HEP allein. Es wurden 31 Patienten aufgenommen. Überprüft wurden die Ergebnisse mit VISA (Victorian Institute of Sport Assessment Score), VAS und Feller’s Patella Score zu Beginn, nach 2, 6 und einem 12-Monate-Follow-up. Ergebnisse: Die Zunahme im VISA-Score war nach 2 und 6 Monaten in der PEMF/HEP-Gruppe signifikant höher als in der Kontrollgruppe mit HEP allein, genauso wie die Zunahme im Feller’s Patella Score nach 12 Monaten. Dementsprechend fiel der VAS-Score in der PEMF-Gruppe nach einem 6-Monate-Follow-up signifikant niedriger aus. Infolge des geringeren Schmerzes führte PEMF insgesamt zu einer besseren Rehabilitation, was für junge Erwachsene wichtig ist, die schnell wieder zu ihren sportlichen Aktivitäten zurückkehren wollen [11] .

 

Impingement-Syndrom

In einer weiteren randomisierten, Doppelblind-Studie mit 56 Impingement-Syndrom-Patienten (SIS) wurde Gruppe I mit PEMF (26 Patienten) oder Placebo (30 Patienten) behandelt, Nach drei Wochen führten beide Gruppen ein definiertes Übungsprogramm zur Schulterkräftigung durch. Ergebnisse: PEMF-Patienten wiesen zu allen Follow-up-Zeiten (bis 3 Monate) einen besseren Funktionslevel und weniger Schmerzen verglichen mit der Baseline auf. Im Test der Schulter-Dynamometrie hatten die PEMF-ler nach 9 Wochen eine erhöhte Kraft in der lateralen Rotation und hinsichtlich einer medialen Rotation eine erhöhte Kraft in der 9. Woche und nach 3 Monaten – jeweils verglichen mit der Baseline. Schlussfolgerung: Die Kombination zwischen aktiven Schulter-Übungen und PEMF verbessert die Schulterfunktion sowie die Muskelkraft und mildert den Schmerz bei einem SIS [12].

 

PEMF bei Fibromyalgie

In einer randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Studie wurden 56 Fibromyalgie-Patientinnen in zwei Gruppen geteilt. Sie wurden entweder mit einem PEMF-Gerät – 30 Minuten Anwendungszeit, zweimal täglich über 3 Wochen, oder mit einem Placebogerät behandelt. Ergebnis: Die PEMF-Gruppe zeigte signifikante Verbesserungen im FIQ und VAS sowie der „subjektiven“ Befragung mit dem BDI (Beck Depression Inventory) sowie dem SF-36 Health Survey – 4 und 12 Wochen nach Beginn der Therapie [13].

 

Fazit

Nicht in den eigentlichen Formenkreis der obigen Tendinosen gehört das Fibromyalgiesyndrom, dessen wohl psychopathologischer Hintergrund es erschwert, in die somatische Reaktionstypologie wechselnder Muskelanspannungen einzugreifen.

 

Trotz der wissenschaftlichen Diskussion, ob es sich bei den Schmerzsyndromen der Schulter, des Ellbogens, der Achilles- oder der Patellasehne nun um eine Entzündung (Tendinitis) oder um pathologische Veränderungen von Sehnen und Muskelansatzpunkten handelt (Tendinose), kann eine QRS PEMF-Behandlung bei der Epicondylitis, dem Impingement-Syndrom sowie bei sonstigen Sehnenreizungen nachweislich wirksam sein.


Quellen:

[1] Weinert F. Tendopathien in der täglichen Praxis. Ursachen, Therapiegrundsätze, Begleittherapie. Arthrits + rheuma 1/2017: 59-61, Schattauer Verlag
[2] Rees JD, Stride M, Scott A. Tendons – time to revisit inflammation. Br J Sports Med 2014; 48: 1553-1557
[3] Khan KM et al. Time to abandon the „tendinitis“ myth: Painful, overuse tendon conditions have non-inflammatory pathology. BMJ. 2002 Mar 16; 324(7338): 626–627
[4] Boyer MI, Hastings H. Lateral tennis elbow: Is there any science out there. J Shoulder Elbow Surg. 1999; 8(5): 481-491
[5] Heber M. Tendinosis vs. Tendinitis. Elite Sports Therapy. Accessed 16 Sept 2011
[6] Dingemanse R et al. Evidence for the effectiveness of electrophysical modalities for treatment of medial and lateral epicondylitis: a systematic review. Br J Sports Med 2014; 48(12): 957-65
[7] de Girolamo L et al. In vitro functional response of human tendon cells to different dosages of low-frequency pulsed electromagnetic field. Knee Surg Sports Traumatol Arthosc. 2015; 23(11):3443-53
[8] Uzunca K, Birtane M, Tastekin N. Effectiveness of pulsed electromagnetic field therapy in lateral epicondylitis. Clin Rheumatol 2007; 26(1): 69-74
[9] Reddy RS. Effect of pulsed electromagnetic field therapy on pain, pressure pain threshold, and pain-free grip strength in participants with lateral epicondylitis. Saudi J Sports Med 2017; 17(2): 93-96
[10] Gerdesmeyer L et al. Electromagnetic transduction therapy for achilles tendinopathy: a preliminary report on a new technology. J Foot Ankle Surg 2017; 56(5): 964-967
[11] Servodio Iammarrone C et al. Is there a role of pulsed electromagnetic fields in management of patellofemoral pain syndrome. Randomized controlled study at one-year follow-up. Bioelectromag 2016; 37(2): 81-8
[12] Galace de Freitas D et al. Pulsed electromagnetic field and exercises in patients with shoulder impingement syndrome: a randomized, double-blind, placebo-controlled clinical trial. Arch Phys Med Rehabil 2014; 95(2): 345-52
[13] Sutbeyaz ST et al. Low frequency pulsed electromagnetic field therapy in fibromyalgia. A randomized, double-blind, sham-controlled clinical study. Clin J Pain 2009; 25(8): 722-728
[14] FIQ 2.1 © Drs Burckhardt CS, Clark SR, Bennett RM 1997

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